»Den Prototyp des SLS AMG GT3, den hatten wir vor ein paar Jahren in einer Sonderausstellung. Der Wagen hatte, weil er ein Prototyp war, keine Möglichkeit ohne Motorlauf den Gang rauszunehmen, also in den Leerlauf zu schalten. Er ließ sich nur mit Motorkraft bewegen. Das bedeutete, wir – in diesem Fall ich – mussten den Motor anlassen und ihn auf seinen Platz fahren«, erzählt Benedikt Weiler. Dass er den Umstand, dieses Auto »fahren zu müssen«, genossen hat, das verrät nicht nur der Unterton in seiner Stimme. »Viel Platz ist in einem solchen Auto nicht. Ich musste mich mit meinen 1,85 m gehörig zusammenfalten und es ist auch nicht unbedingt komfortabel, was die Ausstattung angeht, aber es war trotzdem eines meiner schönsten Erlebnisse als Kurator. Es war unbeschreiblich.« Dass es ziemlich laut ist, wenn der große V8-Motor läuft und es im Innenraum auffällig nach Benzin riecht, nimmt man angesichts dessen, dass es sich um ein ganz besonderes Auto handelt, ohne darüber nachzudenken hin. »Der Benzintank befindet sich aus Sicherheitsgründen im Innenraum, da bleibt
es nicht aus, dass man das Benzin riecht. Der Wagen muss leicht sein, deshalb fehlt so gut wie jede Verkleidung.« Neun Millionen Besucher haben sich in den 12 Jahren, die seit der Eröffnung des Museums vergangen sind, die unzähligen Autos und anderen Exponate angesehen. Alle sind mehr, oder noch viel mehr der Faszination, die vom Automobil und dessen Geschichte ausgeht, erlegen. Im Mercedes-Benz Museum steht das Auto als solches nie alleine, sondern immer im Kontext zu der jeweiligen Zeit und ihrer Geschichte. Es geht um das, was die Welt bewegte, die sich daraus ergebende Herausforderung und schließlich um die erarbeitete Lösung. »In den 1980er Jahren war es der Umweltschutz, der als Thema zum ersten Mal umfassend präsent war; damit verbunden die Herausforderung Rohstoffe einzusparen und die Lösung, sparsamere Motoren zu bauen und auf Recycling und wiederverwendbare Materialien zu setzen.« Kaum ein automobil-technisches Thema, auf das Benedikt Weiler nicht noch eine interessante Randnotiz parat hat. »Der zweite Außenspiegel wurde
beispielsweise erst 1990 für Neufahrzeuge Pflicht. Damals wurde die STVO angepasst und eine bessere Rundumsicht durch Spiegel gefordert. Da der zweite Außenspiegel seit den 1950er Jahren schon ein sportliches Zubehör für Fahrzeuge war, hat man dieses dann einfach in Serie übernommen. Die ersten Autos hatten überhaupt keinen Spiegel. Der Innenrückspiegel kam erst im Rennsport auf. Die Fahrer konnten so beobachten, wie weit die Konkurrenten aufgerückt waren.« Sportliche Fahrer bestellten sich in den 1930er Jahren einen Rückspiegel als Extra, nach dem Zweiten Weltkrieg gehörten die Innenrückspiegel zur Serienausstattung.
Rund 165 Fahrzeuge finden sich in den zwölf Ausstellungsräumen auf den verschiedenen Ebenen, alle nach Themengebieten und Zeitabschnitten zusammengestellt. Neben der Dauerausstellung gibt es zweimal im Jahr Sonderausstellungen. Die zu planen, zu organisieren und schließlich den Besuchern
präsentieren, ist für Benedikt Weiler immer wieder Herausforderung und berufliches Highlight in einem. »Anfang September eröffnen wir anlässlich des 125jähigen Jubiläums des VfB Stuttgart eine Sonderausstellung. Da laufen die Vorbereitungen momentan auf vollen Touren. Bis zur Eröffnung am 9. September sind als Sonderausstellung die beliebten ›Alltagshelden‹ zu sehen.« Die Alltagshelden sind Mercedes-Modelle, die jeder kennt. Darunter die berühmten /8er aus den 1970er Jahren, je ein Vertreter der ersten Generation der A-Klasse und der SLK-Reihe, eine G-Klasse sowie ein Unimog. Ganz unwillkürlich kommen persönliche Erinnerungen auf, die man mit einem solchen Alltagshelden in Verbindung bringt.
Auf der rund 16.500 Quadratmeter umfassenden Ausstellungsfläche des Mercedes-Benz Museums finden sich unzählige Schätze. Ob ein 300 SL Flügeltürer von 1952, ein Mercedes-Benz mit Heckmotor von 1934, das erste Auto