De Muerte Presente, der spanische Titel dieser Ausstellung, verweist auf den cuerpo presente, den hergerichteten und aufgebahrten Leichnam vor seiner Bestattung. Der Ausstellungstitel spielt damit auf die Tatsache an, dass in kaum einem anderen Land dieser Welt der Tod gegenwärtiger ist als in Mexiko. Dies zeigt sich nicht nur in den zahlreichen volkstümlichen Darstellungen des Todes, wie sie mit dem jährlichen Ritual an Allerseelen, dem „Tag der Toten” verbunden sind, sondern vor allem in der ständigen Präsenz des Todes im Alltagsleben. Sie ist das Resultat schier unvorstellbarer alltäglicher Gewaltexzesse, von der die Weltpresse in regelmäßigen Abständen berichtet. Man denke nur an die verschwundenen Lehramtsstudenten von Ayotzinapa oder die Hunderte von toten Frauen, die in Ciudad Juárez bis heute gefunden werden. Die Hochburgen des Drogenkriegs im Norden des Landes weisen Mordraten wie in Bürgerkriegsgebieten auf und täglich verschwinden durchschnittlich 14 Menschen spurlos, ohne je wiedergefunden zu werden. Kurz: Der gewaltsame Tod ist in Mexiko allgegenwärtig; er existiert als Medienbild und als Produkt, das von den Drogenbanden geplant, angekündigt und inszeniert wird, das aufbewahrt und konsumiert wird – zum Beispiel in Form makaberer Fotostrecken in der Regenbogenpresse.
Wie gehen die Menschen mit dieser beängstigenden und verstörenden Realität um? Diese Frage steht im Zentrum der von Jeannette Brabenetz (Albstadt) kuratierten Ausstellung De muerte presente, die Werke von mexikanischen Künstlerinnen und Künstlern zum Thema vorstellt. Inhaltlich umfasst das Spektrum dabei Aspekte wie das Totengedenken, die Grenze zwischen Leben und Tod, die Auflösung und den Zerfall des Körpers, die schiere Bewältigung von Todesangst und den Zerfall der Gesellschaft. Formal bedienen sich die Künstlerinnen und Künstler dabei meist moderner Medien wie Fotografie, Installation, Video, Internet oder elektronischer Gesichtserkennung.
Gewalt und Tod
Graphic Novels, in Bildergeschichten verwandelt.