Kinder haben – für viele ein sehnlicher Wunsch. Dementsprechend verzweifelt sind Frauen, beziehungsweise Paare, die sich Kinder wünschen, auf herkömmliche Art aber keine bekommen können. »Alleine medizinische Ursachen für Kinderlosigkeit gibt es viele. Diese muss man in jedem einzelnen Fall individuell abklären. Dann gibt es aber auch Frauen, die Kinder wollen aber keinen Partner haben und Frauen, die in gleichgeschlechtlichen Ehen, bzw. Beziehungen leben. Daraus ergeben sich unzählige persönliche Schicksale. In der Regel führt dann der Weg zu uns.«
Dr. med. Rainer Rau ist Gynäkologe und Reproduktionsmediziner. 1997 hat er in Aalen das Kinderwunsch-Zentrum eröffnet, das seit 2007 im Facharztzentrum am Stadtgarten in der Weidenfelder Straße 1 ist. Seitdem hat er tausenden von Frauen zur Mutterschaft, und Paaren zur Elternschaft verholfen. »Inzwischen sind es über 13.000 Kinder, die durch unsere Hilfe das Licht der Welt erblickt haben.« Vor 30 Jahren noch in den Kinderschuhen, ist Reproduktionsmedizin heute ein großer medizinischer Fachbereich, der sich stetig weiterentwickelt. Die Behandlungsmethoden sind im Vergleich zu den 1990er Jahren effizienter und schonender und auch das Thema als solches ist längst gesellschaftsfähig.
»80 bis 90 Prozent der Frauen, die sich bei uns behandeln lassen, werden schwanger und bringen das Kind zur Welt. Was wir nicht sagen können ist, wie lange es dauert, bis sich der Erfolg in Form einer Schwangerschaft einstellt.« Die Spanne liegt zwischen zwei Monaten und mehreren Jahren. Je nachdem, was die Paare bereit sind auf sich zu nehmen – psychisch wie physisch und schließlich auch finanziell. Denn die Krankenkassen bezahlen Kinderwunschbehandlungen nur in einem gewissen Rahmen und unter bestimmten Bedingungen. Was es für ein Paar bedeutet,
auf natürliche Weise keine Kinder bekommen zu können, ist für Rainer Rau nicht nur bloße Theorie. Seine Frau und er sind selbst relativ spät Eltern geworden. Der eigene Leidensdruck brachte den damals gerade promovierten Mediziner vor über 30 Jahren dazu, sich dem Bereich Reproduktionsmedizin zu nähern.
Jede Behandlung basiert auf einem ausführlichen Gespräch. Danach kann sich herausstellen, dass keine künstliche Befruchtung notwendig ist. »Nach einer Hormonanalyse und einer Untersuchung, ob die Eileiter offen sind, genügt oft eine Hormontherapie und die Patientin kann auf natürlichem Weg schwanger werden. Für mich steht stets die schnellste und schonendste Behandlung an erster Stelle.« Für eine künstliche Befruchtung wird ebenfalls die Reifung der Eizelle stimuliert. Bei einer Insemination werden aufgearbeitete Spermien zum Eisprung in die Gebärmutter übertragen. Bei der Befruchtung außerhalb des Körpers wird die entnommene Eizelle bei der In-vitro-Fertilisation (IVF) auf ihre Qualität untersucht und dann im Labor in der Petri-Schale mit dem Sperma zusammengebracht. Bei der Mikro-
injektion (ICSI) wird die aufbereitete Eizelle unter dem Mikroskop mit einem einzelen Spermium befruchtet. Nach dem fünften Tag
wird die Eizelle, wenn sie sich entsprechend entwickelt hat, widereingesetzt. »Wir überwachen die Entwicklung in diesen fünf Tage über Video im Embryoskop. Konnten wir mehrere Eizellen entnehmen und befruchten, nehmen wir nach fünf Tagen den Embryo, der sich am besten entwickelt hat, haben sich mehrere gut entwickelt, können wir die für eventuelle spätere Übertragen konservieren. « In diesem Stadium sind die Zellen des Embryos bereits spezialisiert und der Erfolg, dass er sich in der Gebärmutter einnistet und ein Kind daraus heranwächst, relativ groß. Eine große Rolle bei der Qualität der Eizelle spielt das Alter der Frau. Bereits mit Mitte 30 lässt die Qualität deutlich nach. Oft sind es aber auch krankheitsbedingte Ursachen, sowohl beim Mann als auch der Frau, die dem Kinderwunsch im Weg stehen.
Den Kinderwunsch im Auge behalten, auch wenn er noch nicht aktuell ist. Dieser vorsorgliche Trend zeichnet sich seit Jahren ab. »Frauen, die mit 25 bis 30 Jahre nach dem Studium beruflich anfangen Fuß zu fassen, die Karriere machen wollen und die momentan keine Zeit für eine Familie beziehungsweise nicht einmal für eine Partnerschaft haben, lassen sich immer öfter eigene gesunde Eizellen entnehmen und einfrieren. Diese Eizellenreserve, das Social-Freezing, ist die Option auf eigene Kinder zu einem späteren Zeitpunkt«, so Dr. med. Rainer Rau.
Die letzte medizinische Möglichkeit auf eine Schwangerschaft, die in Deutschland gesetzlich erlaubt ist, ist die Embryo-Adoption. »Eine Eizellspende ist in Deutschland (derzeit noch) nicht erlaubt, aber es gibt die Möglichkeit einen Embryo zu adoptieren.« Diese Embryos stammen von Paaren, die erfolgreich eine Kinderwunschbehandlung hatten. »Wenn diese Paare ihre Familienplanung abgeschlossen haben, müssen wir die Embryos vernichten. Es sei denn, die Paare geben sie zur Embryo-Adoption frei.« Rainer Rau ist in Baden-Württem-
berg der einzige Arzt, der diese Möglichkeit anbietet und über ein deutschlandweites Netzwerk Zugriff auf zur Adoption freigegebene Embryos hat.
Auch wenn vieles möglich ist und die Chancen inzwischen außerordentlich gut sind, über die Behandlung im Kinderwunsch-Zentrum ein Kind zu bekommen, eine Garantie gibt es keine. »Wir sprechen mit den Paaren auch darüber. Es gibt einen Punkt, an dem man erkennen muss, eine Grenze erreicht zu haben, das Leben aber dennoch einen Sinn ergibt. Wir sind nicht Gott. Dennoch: Wir freuen uns mit allen, bei denen es geklappt hat und das sind inzwischen sehr viele.«
kinderwunsch-aalen.de
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