Im Bann der Wüsten

30.000 Kilometer durch die Wüsten der Welt

»Wenn die Oase außer Sichtweite ist, gibt es nur noch dich und das ›Überleben‹. Es geht dann nur noch um die Grundbedürfnisse. Um essen, schlafen, genügend Wasser zu haben und vorwärts zu kommen. In der Wüste nimmt man seinen Körper ganz bewusst wahr und spürt das Leben unglaublich intensiv.« - Bernd Elsenhans -

Bernd Elsenhans ist ein Wüstenwanderer und von der kargen Schönheit der Wüsten fasziniert. »In der Wüste relativiert sich vieles. Du kannst auf die höchste Düne steigen und die Hände so hoch strecken wie du nur kannst. Du hast trotzdem keinen Handyempfang. Das ist einfach so«, erzählt er und räumt ein, dass er einer derer ist, die im normalen Alltag ohne Handy, E-Mail und Konferenzschaltungen nicht auskommen. »Ich nehme mein Handy sogar mit unter die Dusche«, so der Gründer und Geschäftsführer des Sicherheitsunternehmens EOS in Heidenheim. Begonnen hat alles vor zehn Jahren. Nach einschneidenden, lebensverändernden Erfahrungen, überdachte er nach einem Gespräch mit einem guten Freund aus Heidenheim seine Sicht auf die Dinge. »Ich kaufte für meine Frau, unsere zwei Kinder und für mich Flugtickets und wir flogen mit ihm ein paar Wochen nach Australien. Dort waren wir auf uns gestellt und es funktionierte. Ich änderte die Perspektive und genau das eröffnete mir eine neue Sichtweise. Bis dahin war es so, als wenn ich in einem ICE sitze und es nur darum geht, möglichst schnell und sicher von A nach B zu gelangen. Was während der Fahrt draußen passiert, das habe ich nicht mehr vollständig mitbekommen.« Ein Jahr später, im

Frühjahr 2008 reiste er mit seiner Familie zum ersten Mal in die Sahara. Mit einer kleinen Reisegruppe und unter der Führung einer Beduinengruppe, durchquerten sie zu Fuß einen Teil der Sahara. »Die Wüste zog mich unwillkürlich in ihren Bann. Die Ruhe, das Zurücksetzen auf das, was im Leben wirklich wichtig ist, sich bewusst sein, was ein Leben ausmacht, das ist mir erst seit dieser Erfahrung wirklich klar.« Inzwischen hat er die Sahara zweimal mit dem Auto und mehrfach zu Fuß durchquert, war wiederholt im Oman in der Wüste Rub-al Chali, in Namibia in der Namib-Wüste und der Kalahari, Südafrika, Simbabwe, Botswana, in Dubai und im Herbst 2016 in Marokko. Insgesamt hat er mit Freunden auf diesen Reisen rund 30.000 Kilometer zurückgelegt. Mal ist seine Familie dabei, manchmal ist er ohne sie unterwegs. Ganz alleine macht er sich nie auf den Weg. Die Gefahr wäre schlicht und ergreifend zu groß. Um mit sich alleine zu sein, muss man schließlich nicht die Einsamkeit wählen. »Wenn ich mit den Beduinen unterwegs bin, dann reden wir nicht viel. Wir legen im Schnitt bis zu 10 Kilometer am Tag zurück, ein Beduine macht das drei- bis vierfache, wenn er keine Gäste dabei hat. Wir sind den ganzen Tag mit den Tieren unterwegs, der Sand ist irgendwann einmal überall und während man sich zuhause Gedanken

darüber macht, was man noch machen muss und was man auf gar keinen Fall vergessen darf, ist das alles plötzlich nicht einmal mehr einen Gedanken, geschweige denn ein Wort wert.«

Die Route führt entlang der alten Beduinenwege, je nach Gebiet auch von Wasserstelle zu Wasserstelle. Die Kamele sind in erster Linie Lastentiere für Wasser, Nahrungsmittel und was es für ein Nachtlager braucht. Nach der körperlichen Anstrengung den Tag über, ist die spartanische Decke fast schon ein Luxusobjekt, auf jeden Fall ist sie Ruhe- und Schlafstätte. Das auf offenem Feuer zubereitete Essen stellt jedes Sternemenü in den Schatten und wer auf Sterne Wert legt, der erlebt diese in mondlosen Nächten in einer ungeahnten Dimension. »Die Milchstraße ist in solchen Nächten zum Greifen nah und manchmal regnet es regelrecht Sternschnuppen. Diese Schönheit und die Stille, die einen umgibt, das ist so faszinierend, dass es unbeschreiblich ist. Du liegst da, schaust in den Nachthimmel und hörst nur dein eigenes Blut in den Ohren rauschen. In solchen Momenten begreift man, dass es für Glück und Zufriedenheit nur wenig braucht.« Zuvor hat Bernd Elsenhans und seine Familie zu denen gehört, die ihren Urlaub auch mal in schicken Clubanlagen mit »ultra-all-inklusive« buchten. Luxus

definieren alle vier inzwischen anders. »Nach einem Urlaub in der Wüste mit der Familie, hielten mir meine beiden Söhne zuhause ihren Zahnputzbecher unter die Nase, in dem sich nur zwei Schlucke Wasser befanden und sagten mir, diese Menge genügt, Wasser ist so kostbar.«

Dass die Wüste auch Gefahren birgt, ist ihm durchaus bewusst. Sei es, dass ein Brunnen kein Wasser mehr hat und der nächste einen Tagesmarsch entfernt ist oder die unglaubliche Tiervielfalt. »In Namibia hat mich vor fünf Jahren ein Skorpion gestochen. Das nächste Krankenhaus war hunderte Kilometer weit entfernt und ich hatte wirklich Glück, dass ich die Nacht überlebt habe. Dass mir das passiert ist, war meiner eigenen Unachtsamkeit geschuldet. Alles was man in der Wüste tut oder nicht tut, hat direkt etwas mit dem eigenen Überleben zu tun. Sich dessen bewusst zu sein, reduziert das wirklich Wesentliche auf das Minimum und macht es um ein Vielfaches wertvoller. Dazu gehören etwas zu Essen und Wasser, die Möglichkeit zu schlafen und die Dankbarkeit für all die von Gott geschenkten Wunder unseres Lebens. Für mich sind das Freunde, die mir so etwas erst ermöglicht haben, und noch viel wichtiger, meine beiden Kinder und meine Frau, die das wertvollste in einem Leben sind.«