Nepal – Deutschland

Humanitäre Solidarität, die Zukunft schafft

Es ist ein Leben, das für uns unvorstellbar ist. Ganze Regionen, die bei und nach starken Regenfällen nicht erreichbar sind, weil die Wege nur unzureichend oder gar nicht befestigt sind. Obwohl der Schulbesuch als solcher kostenlos ist, können Kinder nicht zur Schule gehen, weil sie arbeiten müssen und weil ihre Eltern weder das Schulessen, die notwendige Schuluniform, noch Bücher, Hefte und Stifte bezahlen können. Männer sind zum Arbeiten monatelang im Ausland, die Frauen versorgen die restliche Familie mit dem, was sie anbauen. Ständig von einer schlechten Ernte oder einem Erdrutsch in ihrer Existenz bedroht.

Für Touristen hat Nepal viel atemberaubend Schönes zu bieten, für die Bevölkerung hält es in weiten Teilen des Landes lediglich den täglichen Kampf um das Nötigste parat. Verschlimmert hat die Allgemeinsituation vor vier Jahren das Erdbeben, das am 25. April 2015 den Staat mit einer Stärke von 7,8 erschütterte. „8.786 Menschen sind damals ums Leben gekommen, mehr als 22.300 sind verletzt worden. Die zerstörten Häuser lassen sich gar nicht beziffern und auch nach vier Jahren sind die Schäden des Erdbebens zu sehen und für die Bevölkerung immer noch gegenwärtig." Nadja Finckh ist Rechtsanwältin in Aalen und engagiert sich seit Jahren für die Menschen in Nepal, auch schon vor dem großen Erdbeben. Direkt nach dem Beben hat sie als Gründungsmitglied den Verein „Namaste Nepalesisch-Deutsche Hilfe e.V." mit ins Leben gerufen. „Unser Ziel ist es, die Lebenssituation der Menschen zu verbessern, indem wir wirtschaftliche Rahmenbedingungen schaffen, beziehungsweise die Grundlagen dafür aufbauen. Langfristig sollen die Menschen ein Einkommen haben, von dem sie leben können, das es ihnen ermöglicht, ihre Kinder in die Schule zu schicken und sie so den Kreislauf der Armut durchbrechen können. Dafür unterstützen und initiieren wir gezielte Projekte wie den nachhaltigen Auf- und Ausbau von Tourismus in der Region

 

Dhading Besi und finanzieren kleine produzierende Betriebe." Einer dieser Betriebe stellt Teller und Schüsseln aus den Blättern des Sal-Baums her, der überall wild wächst. Während das Holz des Baums begehrt ist, sind seine Blätter eher nutzlos. Sie enthalten viel Harz, weshalb Tiere sie verschmähen und sie schlecht kompostierbar sind. Um sie loszuwerden, verbrennen sie die Menschen, was immer wieder zu Waldbränden führt, die mitunter Dörfer und Felder bedrohen. Für die Produktion von Geschirr sind die Blätter jedoch optimal. Erhitzt man sie auf rund 100 Grad, verflüssigt sich das Harz und die Blätter lassen sich in die Form von Tellern und Schüsseln pressen. „Wir haben das Projekt über den Verein ins Leben gerufen, haben in Indien sechs Pressen gekauft, mit denen die Blattteller hergestellt werden können und die Frauen geschult, damit sie die Maschinen bedienen können", erzählt Nadja Finckh. Die Freude über den Erfolg des Projektes ist ihr anzusehen. Rund 200 Frauen arbeiten inzwischen in der kleinen Fabrik, weitere Frauen verdienen daran, dass sie die gesammelten Blätter anliefern. „Diese Art von Geschirr hat man schon vor Jahrhunderten in Nepal benutzt, es ist aber immer weiter in den Hintergrund getreten, als Kunststoff allgegenwärtig wurde. Geschirr aus Sal-Blättern ist eine Alternative zu Wegwerfgeschirr aus Kunststoff – und das nicht nur in Nepal." Für

 

die Frauen stellt diese Arbeit eine langfristige Perspektive dar. „Diese Frauen sind in der Regel Analphabeten und sprechen kein Englisch. Sie können also nicht im Tourismus arbeiten, stellen aber einen größeren Teil der Gesellschaft dar. Durch die Fabrik haben auch sie eine Chance auf ein geregeltes Einkommen." Damit die eher kleinen Frauen ohne Fehlhaltungen an den Maschinen arbeiten können, wurden sie speziell umgebaut, auch das initiiert durch den Verein Namaste Nepalesisch-Deutsche Hilfe. „Die Hebel für den Stempel, den man in die Form mit den Blättern drücken muss, haben wir etwas heruntergesetzt, so sind sie für die Frauen besser zu erreichen und der Kraftaufwand ist nicht so groß", erklärt Nadja Finckh. Die Nachfrage nach den kompostierbaren Tellern und Schüsseln vor Ort ist groß und weitet sich im Land aus. „Der Beschluss, Europa frei von Kunststoff zu machen, ist eine ungeahnte Chance für dieses Projekt." Nicht zuletzt dieser Chance wegen war Anfang Juni Ramesh Dhamala zu Besuch in Deutschland und hatte auch Geschirr aus Sal-Blättern im Gepäck. Er ist der regionale Parteivorsitzende des „Nepal Congress". Eine Partei, die für sozialdemokratische Werte steht; zudem engagiert er sich als Vorsitzender des EPF (Ecological Protection Forum) für Umweltschutz und setzt sich auf der politischen und diplomatischen Ebene für die Projekte von Namaste ein. Er versteht sich als Mittler zwischen der Regierung und dem Verein, bündelt aber auch vor Ort Potentiale, um die Ziele des Vereins vor Ort kontinuierlich voranzutreiben. „Der erwirtschaftete Gewinn fließt direkt als Investition in das Unternehmen zurück. So können wir weitere Maschinen anschaffen und mehr Menschen einen sicheren Lebensunterhalt garantieren", so Ramesh Dhamala. Derzeit sind es fast ausschließlich Frauen, die vor Ort arbeiten. Die Männer sind in Indien, Malaysia, im Mittleren Osten oder in den arabischen Staaten. Dort verdienen sie – teilweise unter unvorstellbaren Bedingungen – Geld, das sie ihren Familien schicken. Die Löhne sind gering und bei Unfällen gibt es keine Absicherung, die Leittragenden sind die Frauen. „Letztes Jahr kam ein Mann bei einem Arbeitsunfall in Malaysia ums Leben. Seine Frau stand mit zwei Kleinkindern vor dem existentiellen Aus. Wir konnten die Frau als Mitarbeiterin in das Kinderdorf vermitteln. So sind alle versorgt. Aber das war ein Glücksfall", erzählt Nadja Finckh. Eines der langfristigen Ziele des Vereins ist es deshalb, in Nepal genügend Arbeitsplätze und die entsprechenden sozialen Rahmen­bedingungen zu schaffen.

 

 

Dhading Besi ist die Hauptstadt des ländlich strukturierten Distriks Dhading und liegt in der Verwaltungszone Bagmati, zentral in Nepal, rund 100 Kilometer von der Hauptstadt Katmandu entfernt. Auf Nepal wurde Nadja Finckh durch die Vereinigung Soroptimist International, deren Aalener Gruppe sie angehört, und durch den Verein Children Future Organisation of Nepal, die dort mit Spenden, unter anderem aus Ostwürttemberg, ein Kinderdorf aufgebaut haben. Das erste Mal vor Ort war sie 2013. Begeistert von den liebeswürdigen und liebenswerten Menschen, beeindruckt von der landschaftlichen Schönheit und berührt von der dort herrschenden Armut. Während dieses Aufenthaltes lernte sie unter anderem Ramesh Dhamala kennen, mit dem sie seitdem zusammenarbeitet. „Die Landschaft dort ist atemberaubend und das Klima gemäßigt. Alleine deswegen bietet es sich an, neben der Produktion von Gebrauchsgegenständen einen sanften und nachhaltigen Tourismus auszubauen und zu fördern." Die wichtigsten Verbindungen sind für den Verkehr inzwischen erschlossen, auch wenn der Standard für westliche Verhältnisse manchmal zu wünschen übrig lässt. Es gibt ein ökologisches Feriendorf mit kleinen Häusern zum Übernachten inklusive Essen und Service. Immer die Achttausender des Himalayas im Blick, bietet sich eine Vielzahl von Aktivitäten an. Von Trecking, Paragliding und Tempeltouren, über Reiten, Canyoning und Radfahren, bis zu Kutschfahrten, Angeltouren und einer gemütlichen Fahrt mit dem Tretboot über einen der Stauseen. Gerade fertiggestellt ist ein acht Kilometer langer, befestigter Wanderweg, der zu einem Stausee führt und immer wieder den Blick auf das Himalaya im Norden und die Wald- und Hügellandschaft im Süden frei gibt. Langfristig sollen sich alle 19 Dörfer der Region zu einer Ferienregion verbinden. „Für die Menschen dort ist das eine große Chance und für die Touristen eine einmalige Gelegenheit, sehr herzliche Menschen und ein wunderschönes Land mit einer beeindruckenden Kultur und einer großartigen Landschaft kennenzulernen. Man muss das erlebt haben", rät Nadja Finckh. Da die Reisen sich derzeit noch nicht direkt buchen lassen, vermittelt der Verein Namasté gerne die entsprechenden Kontakte. Ab nächstem Jahr soll es eine Plattform für Buchungen geben, der Reinerlös fließt in weitere Projekte.

Benefizkonzert – 20 Finger – Tastenreich!

Am 24. September findet um 20:00 Uhr in der Stadthalle Aalen ein Benefizkonzert für Nepal statt. Elias Opferkuch und Dario Novielli stellen in schwindelerregender Virtuosität ihr Können unter Beweis und spielen Werke für zwei Klaviere von Saint-Saëns, Liszt, Ravel und Rachmaninov. Der Erlös geht direkt an Projekte von „Namaste", Verein für Nepalesische –
Deutsche Hilfe e.V. Einlass: 19.00 Uhr
Mehr unter: www.namaste-aalen.de