Lebenswunsch Familie

Vom langen Weg zweier Frauen zu ihrem gemeinsamen Kind

Maria, Michaela und Friedrich sind eine Familie – sie sind Mutter, Mutter und Kind. Vor 5 Jahren haben sich Maria und Michaela kennengelernt, kurze Zeit später waren sie ein Paar. Heute sind sie verheiratet, leben in einer kleinen Stadt im Fränkischen und haben einen fast zweijährigen Sohn. „Wir hatten beide schon immer den Wunsch nach einem Kind, beziehungsweise nach Kindern", erzählt Maria. „Da es auf natürliche Weise bei uns einfach nicht geht, haben wir uns nach reiflichen Überlegungen an das Kinderwunsch-Zentrum in Aalen gewandt. Wir hatten Glück, denn es gibt nicht viele Kinderwunsch-Zentren, die lesbische Paare behandeln."

Der Grund dafür ist die gesetzliche Regelung der Unterhaltspflicht. Gibt es keinen direkten Erzeuger des Kindes, so haftet der Arzt für eventuelle Unterhaltsforderungen. Um das auszuschließen, führte der nächste Termin zum Notar. Danach begann eine Zeit, in der sie immer wieder Geduld und Hoffnung aufbringen mussten. Ein Jahr dauerte es, bis Maria schwanger wurde. Alles verlief gut, die beiden heirateten und im Herbst 2017 kam Wunschkind Friedrich zur Welt. „Uns

 

war wichtig, dass wir beide in allen Belangen die Eltern sind und beide auch als Eltern entscheiden können. Deshalb war klar, dass ich meinen Sohn gleich nach der Geburt adoptiere.", so Michaela. Ohne Adoption wäre Michaela vor dem Gesetz eine Fremde für das Kind. Würde Maria etwas passieren, käme Friedrich eher in ein Heim, als dass er bei seiner nichtleiblichen Mutter bleiben dürfte. „Wir haben deshalb im Vorfeld schon einen Termin beim Notar vereinbart, der hat die entsprechenden Anträge ausgefüllt und eingereicht. Wir waren der Meinung, das geht jetzt alles schnell über die Bühne." Schnell ging nichts über die Bühne, schnell kam nur die Ernüchterung. Nach acht Wochen forderte die Richterin in einem Brief Michaela auf, einen Gesundheitsnachweis und ein polizeiliches Führungszeugnis einzureichen, außerdem sollte sich das Jugendamt ein Bild vor Ort von der Situation verschaffen. Der Termin verlief positiv, die Empfehlung der Mitarbeiterin des Jugendamtes war vielversprechend. Sie empfahl das Adoptionsverfahren zu beschleunigen und verwies auf den Ermessenspielraum einer Einzelfallentscheidung. Die Nachricht des Gerichts bremste die damit verbundene

 

Freude aus. Die Richterin ordnete ein Probejahr an, während dem Michaela und Friedrich sich aneinander gewöhnen sollten. „Das war für uns schwer verständlich. Wir haben uns beide für das Kind entschieden, waren immer gemeinsam bei den Terminen im Kinderwunsch-Zentrum und fühlten uns von Anfang an beide als Eltern und dann sollte ich mich während des Probejahres an die Situation gewöhnen. Ich habe mich völlig außen vor gefühlt. Wenn ein heterosexuelles, verheiratetes Paar ein Kind über eine Samenspende bekommt, dann wird der Mann bei der Geburt als Vater eingetragen und damit ist es gut", erinnert sich Michaela an die Zeit vor über einem Jahr. „Die Gesetzgebung ist in diesem Punkt einfach noch nicht ausgereift. Als der Bundestag im Juni 2017 die Ehe für alle beschloss, war das ein Zeichen – in die richtige Richtung – aber eben nicht so umfassend, dass es sämtliche Lebensbereiche abdeckt, die damit zusammenhängen", relativiert Maria. Alle Eingaben blieben erfolglos, schließlich antwortete das Gericht auf keine telefonische oder schriftliche Anfrage mehr. Mehr als einmal stellte sich bei den beiden das Gefühl der Ohnmacht und in weiten Teilen auch eines von Ungerechtigkeit ein; und das nicht mehr nur in Sachen Adoption. Auch die Behandlung im Kinderwunsch-Zentrum mussten Maria und Michaele finanziell selbst tragen, heterosexuelle Paare bekommen wenigstens einen Teil durch die Krankenkassen erstattet. „Wir waren glücklicherweise

 

in der Lage, die finanziellen Kosten zu tragen. Es gibt aber lesbische Paare, die haben diese Möglichkeiten nicht, aber dennoch einen Kinderwunsch. Das ist in unseren Augen ungerecht." Nach dem Probejahr kam nochmal eine Vertreterin des Jugendamtes, nahm alles unter die Lupe, schrieb einen Bericht und dann gab es endlich den ersehnten Gerichtstermin in Ansbach. Nach 15 Minuten war alles geklärt. Die Richterin stimmte der Adoption zu und seitdem sind Maria, Michaela und Friedrich auch vor dem Gesetz und in allen Punkten eine Familie: Mutter, Mutter und Kind.

„Diese Zeit hat uns viel Kraft und auch Geld gekostet. Wir haben uns immer als normal empfunden, aber da haben wir schon überlegt, vielleicht sind wir es doch nicht." Positiv sind im Gegensatz dazu ihre Erfahrungen mit den Menschen in ihrem direkten Umfeld. „Wir leben in einer Kleinstadt im Fränkischen. Man könnte den einen oder anderen Vorbehalt erwarten, aber die Reaktionen waren so gut wie immer offen und vor allem unbefangen. Letztendlich zählt für uns, dass wir jetzt glücklich sind und unseren Platz gefunden haben", bringt es Maria auf den Punkt. Ihre Geschichte zu erzählen, auch wenn Sie nur ihre Vornamen preisgeben wollten, soll zeigen, dass es noch einiges in Sachen Gleichstellung von homo- zu heterosexuellen Paaren aufzuarbeiten gibt. „Wir hoffen, dass homosexuelle Familien eines Tages in allen Bereichen gleich gestellt sind und diese Gleichstellung eine Selbstverständlichkeit ist", sind sich beide einig.