Die Frau zu den Schlossarkaden

Roswitha Girdler verabschiedet sich nach fast 15 Jahren

„Demnächst sitze ich zuhause auf dem Sofa", scherzt Roswitha Girdler gutgelaunt an einem Montagmorgen in ihrem Büro. „Ausgerechnet am Tag der Arbeit, am 1. Mai, ist mein erster Tag als Rentnerin", stellt sie in den Raum und lacht aus ganzem Herzen. Seit knapp 15 Jahren ist sie die Centermanagerin der Heidenheimer Schloss Arkaden. Mit der Eröffnung im Oktober 2004 trat sie an, das Center, das damals in der Region das erste seiner Art war, zu etwas Unverwechsel­barem wachsen zu lassen.

Aus persönlicher Sicht stellte sie sich beruflich nochmal einer ganz neuen Herausforderung. „Ich komme eigentlich aus der Modebranche, wechselte dann Ende der 1970er Jahre zu Bertelsmann, wo ich 25 Jahre für das Mitarbeitertraining verantwortlich war. Als ich mitbekam, dass in Heidenheim ein Einkaufscenter entsteht, habe ich mich spontan auf das Centermanagement beworben." Zu diesem Zeitpunkt war sie 49 Jahre und wusste: „Wenn nicht jetzt, wann dann! Ich fand das Konzept interessant, hatte nichts zu verlieren und freute mich, über die Einladung zum Vorstellungsgespräch in die Düsseldorfer ITG-Zentrale. Kurze Zeit später hatte ich den Job."

Gemeinsam mit dem Center ging sie an den Start, um in Heidenheim etwas zu bewegen. Die Kaufkraft wanderte damals schon seit Jahren stetig ab, Heidenheim verlor an Attraktivität. Es fehlte an Fläche für große Filialisten, außerdem rückte der Wunsch der Kunden nach einem Einkaufserlebnis immer mehr in den Vordergrund. Das Konzept der Schloss Arkaden setzte genau dort an, ohne Heidenheim als Stadt und seine Einzelhändler außen vor zu lassen. „Die Schloss Arkaden sind ein Teil von Heidenheim, deshalb liegt mir die Innenstadt mit den dortigen Einzelhändlern sehr am Herzen." Dass das kein bloßes Lippenbekenntnis ist, zeigt die konstruktive und enge Zusammenarbeit mit der Innenstadtwerbegemeinschaft H.D.H.

2007, nur drei Jahre nach der Eröffnung, gingen die ersten vier gemeinsamen Großprojekte – zwei verkaufsoffene Sonntage und zwei lange Einkaufsnächte – an den Start und waren ein durchschlagender Erfolg. „Ich hatte von Anfang an von meinen Vorgesetzten viel Unterstützung sowie Freiheit und Handlungsspielraum erfahren. Das hat vieles erleichtert, beziehungsweise ermöglicht und immer gepasst."

 

Auch Roswitha Girdler und die Schloss Arkaden haben „immer gepasst", selbst wenn sie als Frau von so manchem zunächst einmal kritisch beobachtet wurde. Kreativität, soziale Kompetenz, Verhandlungsgeschick, der Umgang mit Verwaltungsaufgaben, strategisches Denken und ganz viel Disziplin. Das alles sprach ihr niemand ab, worauf der Heidenheimer als solcher neugierig wartete, war die Frage, ob sie das alles durchhalten konnte. Inzwischen ist selbst der größte Zweifler überzeugt und die Schloss Arkaden sind positiv und untrennbar mit der Einkaufsstadt Heidenheim verbunden.

Mit dem Centermanagement übernahm sie auch den stellvertretenden Vorsitz der Werbegemeinschaft aus immerhin 41 Schloss Arkaden Mietern und deren vielfältigen Aktivitäten. Sie war Ansprechpartnerin für Mieterbelange, für die laufenden Instandhaltungsarbeiten, die Öffentlichkeitsarbeit lag ebenso wie das Parkhaus in ihrem Aufgabengebiet. Letztendlich liefen bei ihr und
ihrem Team so gut wie alle Fäden zusammen.

Bereits zur Eröffnung am 4. Oktober 2004 waren alle Flächen vermietet, ein Umstand, an dem sich bis heute nichts geändert hat. Die Kundenfrequenz ist stabil hoch und ein kleiner Rundgang über die Parkdecks verrät, die Menschen aus den benachbarten Landkreisen kommenauch gerne nach Heidenheim in die Schloss Arkaden. Ein Geheimnis des Erfolgs ist die regionale Verbundenheit: Regionalem ein Schaufenster sein, beziehungsweise überregionale Themen regionalisieren. „Letztes Jahr haben wir zum Black Friday die schwäbische Karte gezogen und zusammen mit dem Innenstadthandel den Blägg Freidag ins Leben gerufen. So haben wir mit einer überregionalen Entwicklung gleichgezogen, uns aber durch Regionalität abgehoben und schließlich etwas Unverwechselbares auf die Beine gestellt." Die Schloss Arkaden verstehen sich als Plattform für das, was Heidenheim als Stadt und Landkreis wiederspiegelt und ausmacht. Seien es die Aktion „Der festlich gedeckte Tisch", bei
der Auszubildende aus der Gastronomie im Rahmen eines Wettbewerbs Tische thematisch eindecken und diese unter anderem in den Schloss Arkaden präsentieren, Veranstaltungen, die Interessantes zu den Funden im Lonetal zeigen, die zum Weltkulturerbe Eiszeitkunst Lone- und Achtal gehören oder die Weihnachtsaktion Schneeflocke, die seit 12 Jahren Kindern, deren Eltern sich keine Weihnachtsgeschenke leisten können, Weihnachtswünsche erfüllt.

 

 

Nach Heidenheim gezogen ist sie nicht, dafür ist sie mit ihrer Familie, die im Kreis Göppingen lebt zu sehr verbunden. Die gut 45 Minuten Fahrt von Salach nach Heidenheim, beziehungsweise zurück, waren für sie immer eine gute Gelegenheit das eine oder andere nochmal zu überdenken und um abzuschalten. „Es ist wichtig, die Balance zwischen Arbeit und Freizeit zu halten. Arbeitstage, die 12 oder 14 Stunden dauern, sollte man nicht mit nach Hause nehmen. Ich habe das für mich immer gut hinbekommen und bin deshalb jeden Tag immer wieder gerne nach Heidenheim zur Arbeit gefahren." Heidenheim wird sie auch nach dem 1. Mai verbunden bleiben, die ersten Anfragen für ehrenamtliche Posten hat sie schon erhalten. Zudem locken sie das Naturtheater, die Opernfestspiele sowie das Kleinkunstprogramm der Arche in Dischingen. „Zunächst aber werde ich mich mehr um meine Mutter kümmern und möchte meiner Familie etwas zurückgeben, die oft zu kurz gekommen ist. Außerdem plane ich in meine Wohnung und Garten frischen Wind reinzubringen." Ein klein wenig wird sie den Alltag in den Schloss Arkaden sicherlich manchmal vermissen. Roswitha Girdler kennt alle rund 350 Mitarbeiter, die in den Schloss Arkaden beschäftigt sind, mehrmals am Tag war sie im Gebäude unterwegs und immer ansprechbar für jedermann. Neben dem Heidenheimer Shoppingcenter leitete sie zudem auch ITG Geschäftshäuser in Heilbronn, Donzdorf und Neuburg.

Den Erfolg in Heidenheim machte das richtige Konzept zum richtigen Zeitpunkt möglich, die Landesgartenschau sorgte eineinhalb Jahre nach der Eröffnung für einen weiteren Schub, der teilweise bis heute in Heidenheim nachwirkt und der offene Blick für Aktionen, Themen und Initiativen, die die Menschen in der Region bewegen und interessieren.

Das Ausstiegsprocedere aus ihrem Berufsleben hat sie sich selbst gewählt und mit der Firmenzentrale einen gleitenden Übergang vereinbart. Anfang Januar hat sie begonnen, ihren Nachfolger Stephan Jaletzke einzuarbeiten, hat ihre Arbeitszeit reduziert und steigt schließlich zum 1. Mai ganz aus. „Ich freue mich auf einen neuen Lebensabschnitt, der nicht ganz so strukturiert verlaufen soll. Fitness, Fahrradfahren und viel lesen stehen dann oben auf der Tagesordnung. Letzteres bleibt wohl nicht aus, wenn man so lange bei Bertelsmann war", lacht sie und fügt dazu: „Am liebsten Krimis, denn ohne Krimi geht die Girdler nie ins Bett."