Ein schwarz-weiß-Foto, das einen Mann in einem grauen Arbeitsmantel zeigt, der sich konzentriert über einen Kessel beugt. In der einen Hand hält er eine Art Messbecher, in der anderen eine Flasche, aus der er sorgsam etwas in den Messbecher abzufüllen scheint. „Das ist mein Vater Georg Weller, wie er Limonade herstellt", erzählt Hildegard Brüstle. „1927 hat er die Weller Limonaden-Fabrik in Aalen gegründet und bis in die 1970er Jahre Limonade hergestellt. Georg Weller war das, was man im Schwäbischen einen Schaffer nennt. Mit 18 Jahren machte er sich mit seinem Bruder selbstständig. Zunächst vermieteten sie Dresch- und Holzsägemaschinen an Landwirte, später verkaufte er Metall und Kohle. Seine Frau brachte ihn schließlich darauf, Limonade herzustellen. „Das war strategisch sehr clever. Mein Vater verkaufte somit im Winter Kohle und im Sommer Limonade." Das Limonadengeschäft wuchs schnell, alle wollten das erfrischende Getränk haben – und das nicht nur im Sommer. Der Zweite Weltkrieg sorgte für einen Einschnitt in seinem Leben: sein Sohn kam ums Leben
und Georg Weller entschied sich, geschäftlich nur noch auf Limonade zu setzen. „Die direkten Nachkriegsjahre waren sehr schwer für meinen Vater. Es fehlte an Vielem, unter anderem an Zucker und der war für die Limonade grundlegend." Weil es nicht genügend Zucker gab, stieg der findige Geschäftsmann auf Süßstoff um. Was heute für Kalorienbewusste die schlanke Alternative ist, war damals eine Notlösung. „Wir nannten diese Limonade ‚Süßstoff-Sprudel'. Mein Vater hätte gerne Zucker verwendet und die Kalorien hätten jedem gut getan. Aber was sollte man machen", erinnert sich die heutige Senior-Chefin. Mit über 70 Jahren ist sie immer noch so gut wie täglich im Getränkeverkauf in der Unteren Wöhrstraße 11 in Aalen anzutreffen. Gemeinsam mit ihrer Tochter Sabine Ruf und ihrer Schwiegertochter Alexandra Brüstle sind die drei Frauen für den Direktverkauf, für Bestellungen sowie für die Verwaltung zuständig. Ihre beiden Söhne Jürgen und Joachim Brüstle haben den Lieferservice und das Lager unter sich, welches 1994 in der Alten Heidenheimer Str. 106 neu gebaut wurde.
Nach dem Krieg wurde aus der Limonadenfabrik Weller schnell ein florierender Getränkehandel. Neben selbst hergestellter Zitronen-, Himbeer- und Waldmeisterlimonade, die er in seiner Limonaden-Fabrik in der heutigen Bischof-Fischer-Straße, (die zu diesem Zeitpunkt noch Wilhelmstraße hieß) anmischte und abfüllte, versorgte Georg Weller seine Kunden mit Überkinger und Göppinger Mineralwasser, sowie Säften der Firma Ricker aus Schorndorf. In den 1950 Jahren erweiterte er sein Sortiment um Bluna und Cola. Er erhielt als erster die Konzession zur Herstellung von Bluna in Aalen von der Firma Blumhofer aus Köln. 20 Kisten mit jeweils 20 Flaschen schaffte die Wellersche Abfüllanlage in den 1950er Jahren in der Stunde. Für heutige Verhältnisse wenig, damals sensationell und der Garant, dass die Bluna und die Eigenmarke Weller-Limonade immer frisch und prickelnd war.
Heute wäre es undenkbar, mit solch einem kleinen Sortiment, die Kunden zufrieden stellen zu können.
In den 1970er Jahren, als Hildegard Brüstle und ihr Mann Wolfgang in das Geschäft einstiegen, zeichneten sich Veränderungen ab. „Ich hatte großes Glück, meinen Mann kennengelernt zu haben. Ursprünglich kam er aus Bad Cannstatt und war branchenfremd. Er ließ alles hinter sich und zog nach Aalen. Gemeinsam bauten wir erfolgreich das Geschäft aus", erinnert sie sich. „Ohne meinen Mann wäre vermutlich die Ära Getränke Weller zu Ende gegangen." Da die Abfüllanlage in die Jahre gekommen war, entschied sich die Familie gegen eine Neuinvestition in eine Maschine. Neue Räumlichkeiten hätten gebaut werden müssen. Das alles wollten sie nicht – zum Bedauern vieler Weller-Limonaden Liebhaber. Wirtschaftlich betrachtet, war es die richtige Entscheidung. In dem Haus, in dem früher Limonade hergestellt wurde, wohnt heute einer der Juniorchefs. „Es gab damals mindestens fünf weitere Limonadenhersteller in Aalen, heute gibt es keinen mehr. Wir haben stattdessen unser Sortiment, den Verkauf sowie den Lieferservice sowohl im privaten als auch im gewerblichen Bereich ausgebaut. Im Jahr 2004 verstarb mein Mann plötzlich. Eine starke Person fehlte von heute auf morgen. Es war eine harte Zeit!"